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Der Kartausgarten ist "eine reizende Anlage im elegantesten natürlichen Styl" und zugleich "ein wilder Garten". Dieser Ausspruch stammt aus dem 19. Jhd. und charakterisiert ein Kleinod der Eisenacher Gartenkunst, "eine Zierde nicht nur der Stadt, sondern auch des Landes".

Ob nun mit oder ohne "h" geschrieben, ist er ein unverzichtbarer Bestandteil der Eisenacher Garten-landschaft, der unsere Aufmerksamkeit verdient.


Noch während seiner aktiven Zeit an der FH Erfurt hat sich der Professor für Landschaftsarchitektur, Frank Blecken, eingehend mit der Geschichte des bis heute sehr beliebten Parks beschäftigt. Aus seinen Forschungsergebnissen berichtete er in einem Vortrag im Februar 2012 vor den Mitgliedern und Gästen des Eisenacher Geschichtsvereins. Anhand von Lichtbildern nahm er seine interessierten Zuhörer mit auf eine Zeitreise vom Klostergarten der Kartäusermönche im 14. Jahrhundert bis zum heutigen öffentlichen Erholungspark.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Kartausgarten in ganz besonderer Weise in den Landschafts-raum eingebunden. Fast alle maßgebenden Gartenkünstler und Botaniker ihrer Zeit konnten sich hier mit ihren gartenkünstlerischen Ideen verwirklichen. So z. B. zwei Vertreter aus der Gartenkünstler-Dynastie Sckell oder der national renommierte Gartenkünstler Hermann Jäger. In diesem Zusammen-hang wären auch Fürst Pückler und Eduard Petzold zu nennen.

Die Gartenkunst wurde besonders im frühen 19. Jhd zuweilen als die höchste der Künste bezeichnet und zeigt die hohe Wertschätzung, die man dieser Kunst beigemessen hat. Die damaligen Gartenkünstler waren nicht nur "Designer" in ihrer Zeit, sondern auch ausgezeichnete Pflanzenkenner!


Als botanischer Schau- und Versuchsgarten erlangte Anfang des 19. Jahrhunderts der Kartausgarten eine erhebliche Bedeutung, neben denen in Weimar und Jena. Hier wurden fremdländische Pflanzen akklimatisiert und ihre Gartenwürdigkeit getestet. Man wollte so nicht nur den Wald- und Obstanbau fördern, sondern auch die höfischen Park- und Gartenanlagen mit exotischen winterharten Gehölzen versorgen können. Baumschulen, so wie wir sie heute kennen, gab es ja noch nicht.

Der Professor für Botanik, Friedrich Gottlieb Dietrich, war Hofgärtner in Eisenach und Wilhelmsthal und betreute über 40 Jahre den Garten. Neben exotischen Pflanzen hat er hier auch heimische Pflan-zen kultiviert, soweit sie einen Zierwert hatten. Um 1811 erschien seine 3. Auflage der "Beschreibung der vorzüglichen Gärten Eisenachs und ihrer schönen Gegend als Wegweiser für Spaziergänger und Fremde", nebst einem Verzeichnis der im Kartausgarten vorrätigen Pflanzen. Leider ist das Pflanzen-schauhaus aus seiner Zeit nicht mehr erhalten. Heute befindet sich an dieser Stelle eine Pergola ne-ben dem Teezimmer.


Nach 1845 wandelte der Hofgärtner Hermann Jäger den Kartausgarten im Stil der Zeit in einen Blumen- und Landschaftsgarten um. Der räumliche Bezugspunkt, auf den sich üblicherweise die Gestaltung solch eines Landschaftsgartens bezog, fehlte aber hier. Im Mittelpunkt des Gartens befand sich kein Schloss oder Herrenhaus, sondern die Reste des doch eher bescheideneren Gärtnerhauses und der Gewächshäuser. Dieser gebäudenahe Teil wurde besonders intensiv mit selten blühenden Pflanzen und geschwungenen Wegen ausgestattet.

Aber die Eignung des Kartausgartens für eine Gestaltung nach den ästhetischen Prinzipien des klassi-schen Landschaftsgartens war keineswegs idealtypisch. Auf Grund der Topografie des Geländes mit seinem terrassierten Hanggelände fehlte die übliche Weite im inneren Gartenraum.

Die Architekten des Landschaftsgartens arbeiteten hier deshalb mit einem Trick. Von Anfang an ha-ben sie sich die umgebende Landschaft zu nutze gemacht und in das Gartenbild und Gartenerlebnis mit einbezogen. Durch eine malerische Wegeführung entstand im Landschaftsgarten die Illusion eines weitläufigen Gartens ohne Zäune und Mauern. Die geschwungenen Wege, auch Gürtelwege genannt, verliefen möglichst nicht an der Grundstücksgrenze entlang. Sie eröffneten dem Besucher automa-tisch zwei Erlebnisbereiche. Zum einen schaut er von dort in das Garteninnere. Zum anderen hat er vom Weg aus immer wieder neue Blickfenster in die Landschaft. Die Wege wurden auch "Spazier-gänge" genannt, auf denen man in die angrenzende Landschaft (z. B. in das Johannis-, Marien- und Helltal) lustwandeln konnte.


Durch Ankauf benachbarter Grundstücke wurden neue Ausblicke in die südliche Landschaft und vor allem zur Wartburg geschaffen. Die Burg mit dem von Oberforstrat Gottlob König angelegten Waldpark war ein wesentlicher Teil dieser Komposition.


Die hinzu gekauften Gehölzgruppen bildeten den "wilden Garten". Jäger beließ an geeigneter Stelle gewachsene Pflanzengemeinschaften, um den Anschein zu erwecken, als seien diese Gärten von Natur entstanden. Wenn so ein Garten nicht nach der künstlerischen Ideen gepflegt wird, so Prof. Blecken, dann holt sich ihn die Natur in kürzester Zeit zurück und der ursprüngliche Erlebniswert des Parks geht verloren.


Dem Kartausgarten blieben im Laufe der Zeit größere Gebietsverluste erspart. Am Ende des 19. Jahr-hunderts, als die Umgebung mit Villen bebaut wurde, rückte er von einem Garten, der einstmals außerhalb der Stadt lag, in eine zentralere Lage und wurde Kurpark. Es gab zwar eine Idee, quer durch den Kartausgarten bis zur Kurstraße eine Stadtumgehung zu bauen. Das großherzogliche Haus in Weimar hat aber daraufhin den Kartausgarten und die angrenzenden Flächen für unbebaubar erklärt - ein früher Akt des Denkmalschutzes im späten 19. Jahrhundert.


Der große Gartenkünstler und wichtigster preußischer Landschaftsgärtner Peter Joseph Lenné formulierte es in der 1. Hälfte des 19. Jahrhundets so:

"Nichts gedeiht ohne Pflege und die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige Behand-lung ihren Wert". Das ist auch die Maxime der heutigen Garten-Denkmalpflege. Gärten sind weit mehr gefährdet als Gebäude. Sie sind ein "nachwachsendes Denkmal". Alle Pflanzen und Gehölze haben nur eine begrenzte Lebenszeit. Viel Geduld und Umsicht ist erforderlich.


Heute haben wir eine allgemeine öffentliche Nutzung des Kartausgartens, eine s. g. raue Nutzung. Da mit einer unkontrollierten Nutzung gerechnet werden muss, können nicht alle Pflanzen angeboten werden.

Ein weiteres Problem ist, dass der Park auf Grund seiner Steigungen nur eingeschränkt behindertengerecht ist.


Aber der Kartausgarten ist kein alltäglicher Park mit alten Bäumen und einem Teezimmer mit wertvollen französischen Tapeten, so Prof. Blecken. Dieser eigenständig denkmalgeschützte Park muss bekannt gemacht werden und gehört, wie auch die anderen historischen Gärten aus dieser Zeit (z. b. Stadtpark, Dürrer Hof) in die stadtkulturelle und touristische Werbung. Auch die Einbindung in das Netzwerk der Gartenreisen ist denkbar. Unsere Stadt hat ein enormes Gartenpotential. Natürlich wäre es gut, wenn man vorher noch mehr Qualitäten aus diesen Gärten für die Besucher erlebbar machen könnte.

Wie wäre es denn einmal mit einer Landesgartenschau in Eisenach?


Helga Stange

Der Kartausgarten, Vortrag von Prof. Frank Blecken




Di 14.02.2012 18:30

Der Kartausgarten,

Vortrag von Prof. Frank Blecken